Härte und High-Tech: Die unverwüstliche Eleganz von Keramikuhren

Keramik hat den entscheidenden Vorteil, dank ihrer vielfältigen Eigenschaften in ebenso vielfältigen Bereichen Verwendung finden zu können. An die Uhrenherstellung mögen dabei die wenigsten Menschen sofort denken. Dennoch hat sich Keramik als Uhrenmaterial fest in der Branche etabliert.
Denn mit antiken Tongefäßen hat die heutige High-Tech-Keramik zwar noch ihre positiven Eigenschaften gemein. Was die Verarbeitung für ebenso filigrane wie widerstandsfähige Uhren anbelangt, gehen die Uhrenhersteller mittlerweile aber völlig andere Wege – mit Produkten, die durch ihre Eleganz genauso überzeugen können wie durch ihre Robustheit und ihren praktischen Nutzen. Das macht Keramik zum perfekten Werkstoff für die Uhrmacherkunst.

Vom gebrannten Ton zur Tech-Keramik

Seit der Antike ist Keramik als Werkstoff bekannt und geschätzt. Aus vielerlei guten Gründen: Sie zeigt eine hohe Beständigkeit gegenüber Verschleiß, Wärme, Druck und den chemischen Wirkungen von Gasen und Flüssigkeiten. Sie ist dabei vergleichsweise leicht und eine sehr gute elektrische Isolierung. Außerdem ist sie antiallergen und problemlos zu reinigen.
Deshalb ist Keramik aus vielen Lebensbereichen nicht mehr wegzudenken. Im Alltag begegnet man ihr etwa in der Küche oder im Badezimmer, in Form von Geschirr, Vasen, Ofenkacheln, Wand- oder Bodenfliesen. Im medizinischen Bereich findet Keramik ebenso Verwendung wie im Maschinen- und Fahrzeugbau und der Raumfahrt. Gegenstände und Bauteile aus Keramik trotzen eben auch extremsten Bedingungen.
Nicht zu vergessen: Anders als bei metallischen Werkstoffen lassen sich die Eigenschaften keramischer Werkstoffe viel stärker variieren. Bei der Fertigung lassen sich mit bestimmten Prozessschritten die Materialeigenschaften von Keramik bewusst steuern. Je nach Brennverfahren sowie -temperaturen und Grundmaterial können daher sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden. Bei technischer Keramik kommt meistens Bornitrid, Siliciumkarbid oder Aluminiumoxid zum Einsatz, für Uhrenteile Zirkonoxid oder Titankarbid.
Für die Uhrenherstellung ist das optimal, da sich daraus auch vielfältige Möglichkeiten für die Formgebung erschließen lassen. Von den Armbandgliedern bis zur Krone lassen sich somit verschiedenste Teile aus Keramik fertigen.

Keramik als (Neu-)Entdeckung für Uhren

Trotz diverser Vorteile ist die Uhrenbranche erst relativ spät zur Keramik gekommen. Dabei ist besonders die Widerstandsfähigkeit gegenüber Kratzern eine äußerst attraktive Eigenschaft, wenn es um den Schutz hochwertiger Armbanduhren in höheren Preissegmenten geht. Zu Beginn der 1960er Jahre waren die ersten Uhren aus Hartmetall ein erster Schritt, kratzfeste Zeitmesser auf den Markt zu bringen.
Erst in den 1980er Jahren begannen beim Schweizer Uhrenhersteller Rado die ersten Versuche mit High-Tech-Keramik, wie sie damals schon zum Schutz von Spaceshuttles für deren Wiedereintritt in die Erdatmosphäre eingesetzt wurde. Ihre Widerstandsfähigkeit hatte die Keramik also bereits unter extremen Umständen bewiesen. Für die Ingenieure im Uhrenbereich kamen noch weitere Gründe dazu, sich an den nicht-metallischen Werkstoff heranzutrauen: Armbanduhren sollen schließlich nicht allen robust sein, sondern auch durch ihre Ästhetik, ihren Glanz und ihren Tragekomfort begeistern.
Keramik kann all das leisten und war somit eine logische, wenn auch späte Wahl für die Fertigung edler Uhren. Dennoch beschränkte sich der Einsatz zunächst auf die Armbänder. Doch es dauerte nicht lange, bis Gehäuse und Kronen ebenfalls aus keramischen Werkstoffen hergestellt wurden. Damit entstanden die ersten Keramikuhren, die den Namen verdienten.
Ausschlaggebend dafür war ein neues Herstellungsverfahren, das sogenannte Ceramic Injection Moulding (CIM). Während üblicherweise die verwendeten Zirkonoxid- oder Titankarbidpulver zuerst in ihre spätere Form gepresst und anschließend bei einer Temperatur von 1.450 Grad Celsius in einem Sinterofen gebrannt wurden, ist das CIM ein Spritzgussverfahren. Hierzu werden die Keramikpulver im Vorfeld der Herstellung homogenisiert und zu einem Granulat verarbeitet.
Besonders für die Designmöglichkeiten war die Einführung des Verfahrens ein echter Fortschritt, da es Elemente von deutlich größerer Komplexität und Exaktheit erlaubt. Zudem lassen sich Verbunde von Keramik und Metall schaffen.
Es ist aber auch möglich, die gewünschte Form erst durch Spanen oder Schleifen zu erreichen. Grundmaterial ist in diesem Fall eine Keramikstange mit den erforderlichen Eigenschaften – d.h. vor allem mit dem richtigen Härtegrad. Diese wird dann solange bearbeitet, bis das benötigte Uhrenelement fertig ist.

Keramik: Ein Uhrenwerkstoff mit Zukunft

Was zusätzlich zu ihren zahlreichen positiven Materialeigenschaften für eine Verwendung von Keramik bei der Uhrenherstellung spricht: Sie erlaubt eine überaus interessante Farbenvielfalt. Werden dem Ausgangsmaterial Farboxide beigefügt, ist ein prächtiges Farbenspektrum möglich, von reinem Weiß über Anthrazit, Grün, Blau, Lila, Braun und Schwarz, bis hin zu Gelb oder sattem Bordeaux und Rosa. Schwarze und weiße Keramik wird durch die jeweils beigemischten Oxide – Yttriumoxid für Schwarz, Aluminiumoxid für Weiß – sogar noch um ein Vielfaches härter als Edelstahl.
Selbst zweifarbige Elemente aus Keramik sind möglich. Dazu wird ein Teil des betreffenden Elements mit einer speziellen chemischen Lösung behandelt, die beim Sintern mit der Grundsubstanz reagiert. Heraus kommt ein Einzelteil mit unterschiedlicher Farbgebung.
Je nach Zusammensetzung dieser Grundsubstanz erhalten die Ingenieure außerdem neue Materialeigenschaften. So lässt sich die Härte durch hinzugefügte Oxide noch weiter steigern oder auch eine UV-resistente Färbung erreichen. Das Potenzial von Keramik für die Herstellung von Armbanduhren mit besonderen Eigenschaften ist also noch keineswegs völlig ausgeschöpft.

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